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Rückenmark

Nervensignale auf Umwegen

Meldung vom 07.01.2008 - Forscher finden neuen Therapieansatz für Querschnittslähmungen

Wenn bei Patienten mit Querschnittslähmungen die Körperfunktionen nach und nach teilweise wieder zurückkehren, muss das nicht unbedingt mit einer Erholung der geschädigten Nervenbahnen zusammenhängen. Vielmehr übernehmen in manchen Fällen auch andere Nervenzellen im Rückenmark die Funktionen der verletzten Nerven. Das haben Wissenschaftler der Universität von Kalifornien in Los Angeles in Tests mit Mäusen herausgefunden. Solche Neuverschaltungen gezielt zu fördern, sollte daher ebenfalls ein Ziel bei der Entwicklung von Therapien von Querschnittgelähmten sein.

In ihren Versuchen injizierten die Forscher den Tieren ins Rückenmark ein Gift, das Nervenzellen gezielt abtötete und dadurch eine Querschnittslähmung auslöste. Die Wissenschaftler beobachteten anschließend an einem Laufband, wie sich die Bewegungsfähigkeit der Tiere in den folgenden sechs Wochen entwickelte. Zudem zeichneten die Forscher die Leitfähigkeit der Nerven für elektrische Signale auf und untersuchten die Strukturen der Nervenzellen in den geschädigten Regionen. Auch wenn sich die geschädigten Nervenbahnen nicht wieder regenerierten, erlangten die Mäuse häufig ihre Bewegungsfähigkeit zumindest teilweise zurück, beobachteten die Forscher. Bei diesen Tieren fanden die Wissenschaftler andere Verknüpfungen von Nerven im Rückenmark, die die Funktion der zerstörten Nervenzellen übernommen hatten.

Sofroniew und seine Kollegen hoffen, aus dieser Entdeckung neue Therapieansätze für die Behandlung querschnittsgelähmter Menschen entwickeln zu können. Anstatt das Augenmerk ganz auf die Regenerierung der geschädigten Nervenbahnen zu richten, könnte es erfolgversprechender sein, die Wiederherstellung der Körperfunktionen über solche neuen Signalwege im Rückenmark gezielt zu fördern, erklären die Wissenschaftler. Zudem könnten die Erkenntnisse bei der Behandlung von Patienten mit anderen Nervenschäden hilfreich sein, beispielsweise nach einem Schlaganfall oder bei Multipler Sklerose.

Michael Sofroniew (Universität von Kalifornien, Los Angeles) et al.: Nature Medicine, Online-Vorabveröffentlichung, DOI 10.1038/nm1682

wissenschaft.de – Ulrich Dewald


Wie das Gehirn die Körpertemperatur steuert

Meldung vom 17.12.2007 - Forscher entdecken wichtigen Teil des Thermostats im Stammhirn

Ein amerikanisches Forscherduo hat eine Art Thermostat des Körpers identifiziert: Eine Region im Stammhirn, am Übergang vom Rückenmark zum Kleinhirn, vermittelt einem Kontrollzentrum im Zwischenhirn Informationen über die Temperatur der Haut. Ändert sich diese, kann die Steuerzentrale notwendige Maßnahmen wie Zittern oder Schwitzen einleiten, die dafür sorgen, dass die Körpertemperatur stets so konstant wie möglich bleibt. Mit der Wahrnehmung von Hitze oder Kälte hat dieses System dabei nichts zu tun – es arbeitet vollkommen unabhängig davon, ob das Bewusstsein eine Temperaturveränderung registriert oder nicht.

Wenn sich die Umgebungstemperatur verändert, muss der Körper dafür sorgen, dass seine eigene Arbeitstemperatur möglichst wenig in Mitleidenschaft gezogen wird – schließlich ist sie genau so eingestellt, dass alle molekularen Vorgänge optimal ablaufen. Aus diesem Grund leitet er sofort Gegenmaßnahmen wie Zittern, eine Erhöhung der Durchblutung oder auch Schwitzen ein, wenn die Außentemperatur sinkt oder steigt. Verantwortlich für die Befehle, die diese körperlichen Reaktionen auslösen, ist dabei die sogenannte präoptische Region, ein kleiner Bereich des Hypothalamus, der das wohl wichtigste Schaltzentrum für alle automatisch ablaufenden Systeme des Körpers ist. Wie dieses Areal jedoch die Informationen über die Veränderung der Außentemperatur bekommt, war bisher nur teilweise verstanden. So ändert sich zuerst die Temperatur der Haut, was von spezialisierten Nervenzellen registriert und ans Rückenmark gemeldet wird.

An Ratten konnten die Forscher nun zeigen, dass die Signale von dort aus ins Stammhirn weitergeleitet werden: Wurden die Tiere vier Stunden lang bei einer Temperatur von vier Grad Celsius gehalten, begannen Nervenzellen in einer Stammhirnregion namens Nukleus parabrachialis zu feuern. Das aktivierte wiederum die präoptische Region und löste bei den Ratten Zittern, eine erhöhte Herzfrequenz sowie einen beschleunigten Stoffwechsel aus. Wurden die Stammhirnnerven blockiert, reagierten die Tiere nicht mehr auf die Kälte, wurden sie hingegen künstlich stimuliert, setzte das Zittern auch ohne Kälte ein.

Auf die Kälteempfindung hat der Nukleus parabrachialis jedoch keinen Einfluss, konnten die Forscher zeigen. Die Regulation der Körpertemperatur und ihre Wahrnehmung basieren demnach auf zwei verschiedenen Mechanismen, so ihre Schlussfolgerung. Allerdings vermuten sie, dass der Nukleus parabrachialis nicht nur für die Körpertemperatur ein wichtiges Relais ist, sondern auch für andere autonome Funktionen wie den Blutdruck, die Energiebilanz oder den Flüssigkeitshaushalt.

Kazuhiro Nakamura und Shaun Morrison (Oregon Health & Science University, Beaverton): Nature Neuroscience, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/nn2027

wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel


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