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Saturn

Die Spuren des letzten großen Angriffs aus dem All

Meldung vom 15.12.2007 - Aufgrund "kosmischer Umbauarbeiten" in unserem Sonnensystem wurde die Erde vor 3850 Millionen Jahren aus dem All bombardiert - die Überreste der Geschosse atmen wir heute ein.

Zwar wird die Erde auch heute noch in unregelmäßigen Abständen von Kometen und Asteroiden getroffen. Doch das Ausmaß dieser "Angriffe" aus dem All ist nicht annähernd vergleichbar mit dem während des von Forschern so getauften "Letzten Schweren Bombardements", das vor 3850 Millionen Jahren begann und vor 3800 Millionen Jahren endete. Als Auslöser dieses heftigen Beschusses der Erde mit kleinen Himmelskörpern gelten Wanderbewegungen der großen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Doch der konkrete Hergang ist umstritten. Aus einer Analyse des Edelgasanteils in der Erdatmosphäre schließen Bernard Marty vom Forschungszentrum für Petrographie und Geochemie in Nancy und sein Kollege Anders Meibom, dass weniger als ein Prozent dieser Himmelskörper Kometen waren. Eine Gruppe um Rodney Gomes von der Universität Rio de Janeiro war dagegen aufgrund von Modellrechnungen zu dem Schluss gelangt, dass die Geschosse je zur Hälfte Kometen und Asteroiden waren. Asteroiden sind aus Gestein bestehende Kleinplaneten, während Kometen prozentual weniger Gestein, dafür aber große Anteile an Eis enthalten.

Die Theorie vom Letzten Schweren Bombardement des inneren Sonnensystems entstand in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Untersuchungen von Mondgestein. Dabei fiel auf, dass viele der Gesteinsbrocken, die Apollo-Astronauten in Mondkratern gesammelt hatten, in etwa das gleiche Alter haben. Der Mond muss in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum von etwa 50 Millionen Jahren von ungewöhnlich vielen kleinen Himmelskörpern getroffen worden sein. Da wohl kaum davon auszugehen ist, dass der Mond zielgerichtet beschossen wurde, gehen Wissenschaftler davon aus, dass das gesamte innere Sonnensystem diesem Bombardement ausgesetzt war. Auf der Erde gibt es allerdings keine offensichtlichen Spuren dieses Beschusses. Allerdings ist das auch nicht zu erwarten, da das Erdgestein im Gegensatz zum Mondgestein der Verwitterung ausgesetzt ist und da ein großer Teil der Erdkruste aufgrund der Plattentektonik permanent recycelt wird.

Marty und Meibom haben deshalb nach einer Möglichkeit gesucht, den Beschuss der Erde auf andere Weise zu belegen. Ihr Argument ist die Konzentration der Edelgase Neon, Argon, Krypton und Xenon – zum einen in der Atmosphäre und zum anderen im Erdmantel. Ein Vergleich der Anteile dieser vier Gase im Erdmantel mit den Erdmantelanteilen von Wasser und Stickstoff zeigt, dass das Verhältnis dieser sechs Stoffe zueinander dem in einer bestimmten Meteoritensorte, nämlich dem in einem Chondriten entspricht. Man nimmt an, dass die chemische Zusammensetzung der Chondriten wiederum repräsentativ für die Urmaterie unseres Sonnensystems ist, aus der die Chondriten selbst, aber auch die Erde entstanden ist.

In der Atmosphäre sind dagegen die Edelgasanteile gegenüber den Stickstoff- und Wasseranteilen erhöht. Diese Überschüsse müssen laut Marty und Meibom aus einer anderen Quelle stammen als die restliche Materie der Erde, die das Produkt der Kollision vieler Asteroiden ist, die selbst wiederum aus chondritischer Urmaterie entstanden sind. Als Edelgaslieferanten kommen gemäß den beiden Forschern nur Kometen in Frage, die weiter als 15 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt entstanden sind. (Eine AE entspricht etwa 150 Millionen Kilometern, der Entfernung Erde-Sonne.) Denn Laborexperimente haben gezeigt, dass die flüchtigen Edelgase bei Temperaturen zwischen minus 220 und minus 245 Grad Celsius in Eis gebunden werden können. Diese Bedingungen herrschen erst in relativ großer Entfernung von der Sonne. Als weiteres Argument für ihre Theorie führen Marty und Meibom Helium- und Neonanteile an, die man vor kurzem in Kometenstaub gefunden hat, der von der Raumsonde Stardust eingesammelt wurde.

Nach Berechnungen der beiden Wissenschaftler reicht ein Kometenanteil von weniger als einem Prozent während des Letzten Schweren Bombardements aus, um den Edelgasüberschuss in der Erdatmosphäre zu erklären. Die restlichen 99 Prozent müssen demnach Asteroiden gewesen sein. Zum Vergleich der Größenordnungen: Während der 50 Millionen Jahre des Letzten Schweren Bombardements wurde die Erde insgesamt um etwa 200 Billiarden Tonnen schwerer. Während der ganzen 3800 Millionen Jahre, die seitdem vergangen sind, legte die Erde dagegen nur um etwa 200 Billionen Tonnen zu. Der Himmelskörper, der am 30. Juni 1908 über der Tunguska-Region in Sibirien explodierte, steuerte dazu schätzungsweise eine bis zehn Millionen Tonnen bei.

Das Ergebnis von Marty und Meibom widerspricht einer Modellrechnung von Gomes und Kollegen, die in Computersimulationen die Bewegungen der Planeten während der Frühphase des Sonnensystems nachvollzogen haben. Ihrer Simulation zufolge waren jeweils die Hälfte der Geschosse Kometen beziehungsweise Asteroiden. Doch in einer wichtigen Aussage stimmen die beiden Forschergruppen überein: Die Kometen stammten gemäß der Modellrechnung ebenfalls aus einer Region, die mehr als 15 AE von der Sonne entfernt war.

Die damaligen "kosmischen Umbauarbeiten", die schließlich zu dem Letzten Schweren Bombardement führten, begannen, nachdem Jupiter und Saturn in eine so genannte 1:2-Resonanz geraten waren. Das bedeutet, dass Jupiter die Sonne während der gleichen Zeit, in der Saturn sie einmal umrundete, exakt zweimal umkreiste. Zustande gekommen war diese Situation, weil beide Planeten damit "beschäftigt" waren, ihre Umgebung von den vielen Kleinplaneten zu säubern, die aus dem Urnebel des Sonnensystems entstanden waren. Der schwerere Jupiter katapultierte dabei mit seiner Schwerkraft eine größere Anzahl der Kleinplaneten nach außen, während Saturn sie vorwiegend nach innen warf. Als Konsequenz verlangte der physikalische Drehimpulserhaltungssatz, dass Jupiter seine Bahn nach innen verlagerte, während Saturn nach außen wanderte. Dabei änderten sich aufgrund der Keplerschen Gesetze gleichzeitig die Umlaufzeiten der beiden Planeten.

Die 1:2-Resonanz sorgte nun dafür, dass Jupiter und Saturn mit vereinten Gravitationskräften immer wieder an den nächsten beiden Planeten Uranus und Neptun zerrten. Dies hatte ein "Aufpumpen" der Bahnen dieser beiden Planeten zur Folge: Zum einen verlagerten beide ihre Bahnen nach außen, zum anderen wurden beide Bahnen elliptischer. Ein überraschendes Ergebnis aus Gomes Berechnungen: Derjenige dieser beiden Planeten, dessen Bahn damals näher an Jupiter und Saturn lag, wurde von dieser Resonanz sehr viel stärker beeinflusst. Sein Bahnradius wurde mehr als verdoppelt. Demnach war also Neptun, der heute 30 AE von der Sonne entfernt ist, der Sonne damals näher als Uranus, der die Sonne heute auf einer Bahn mit einem Radius von 19 AE umkreist.

Folglich war Neptun es, der in die mit Kometen gefüllten äußeren Bereiche des Sonnensystems eindrang und diese mit seiner Schwerkraft in alle Richtungen streute – also auch nach innen zu Mond und Erde. Dagegen sorgte die 1:2-Resonanz zwischen Jupiter und Saturn direkt für die Störung vieler Bahnen im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, wodurch zahlreiche Asteroiden ins innere Sonnensystem gelenkt wurden.

B. Marty and A. Meibom: Noble gas signature of the Late Heavy Bombardment in the Earth's atmosphere, eEarth 2, 43-49, 2007

R. Gomes et. al.: Origin of the cataclysmic Late Heavy Bombardment period of the terrestrial planets, Nature 435, 466-469 (26 May 2005)

Quelle: wissenschaft.de

Anti-Aging im Saturnring

Meldung vom 14.12.2007 - Dank ständiger Materialerneuerung erscheinen die Mini-Monde viel jünger als sie tatsächlich sind.

Die Saturnringe halten sich durch eine besondere Verjüngungskur frisch: In einem fortwährenden Prozess ballen sich die Gesteins- und Eisbrocken der Ringe zu größeren Gebilden zusammen. Danach zerbröseln diese Minimonde durch Kollisionen wieder zum ursprünglichen Ringmaterial. Dieses Materialrecycling hält die Saturnringe stabil, so dass sie deutlich älter als die bislang angenommen 100 Millionen Jahre sein müssen. Unter Berücksichtigung des Materialrecyclings müssten die Saturnringe sogar über vier Milliarden Jahr alt sein und wären damit schon in der Kindheit unseres Sonnensystems entstanden.

Die Forscher analysierten die Eis- und Gesteinskörper in den Saturnringen. Die Daten lieferte die Raumsonde Cassini, die den Saturn umkreist. Aus der Größenverteilung und der Zusammensetzung der Brocken schlossen sie auf einen Recyclingprozess, in dem sich Ringmaterial zu größeren, lockeren Gebilden zusammenlagert. In mehreren Fällen konnten sie beobachten, wie diese Minimonde mit rund zehn bis zwanzig Metern Durchmesser vor einem Stern hinwegzogen. Da das Licht des dahinterliegenden Sterns durch den Mond hindurchtrat, muss er sehr porös und locker aufgebaut sein, berichten die Forscher. Durch Kollisionen mit anderen Brocken können die Minimonde dann wieder zu Ringpartikeln zerfallen. Dieser Recyclingprozess könnte so ununterbrochen weitergehen.

Bislang vermuteten Planetenforscher, dass der Saturnring nur rund 100 Millionen Jahr alt ist. Er hätte sich also erst dann gebildet, als die Dinosaurier die Erde bewohnten. Zu jener Zeit hatte entweder ein Komet einen Saturnmond zerschmettert, oder ein Mond ist seinem Planeten zu nahe gekommen und wurde durch Gezeitenkräfte zu Staub zermahlen.

Larry Esposito (Universität von Colorado in Boulder) et al.: Beitrag auf der Herbsttagung der American Geophysical Union, San Francisco

ddp/wissenschaft.de – Martin Schäfer

Die Geschichte der Ufo-Monde

Meldung vom 11.12.2007 - Forscher entdecken, warum zwei winzige Saturnsatelliten fliegenden Untertassen ähneln.

Die kleinsten Saturnmonde, die sich innerhalb der Ringe des Gasplaneten bewegen, haben eine merkwürdige Geschichte hinter sich: Die wenige Kilometer großen Mini-Monde sind Bruchstücke größerer Himmelskörper, um die sich eine Hülle aus Ringmaterial gelegt hat, berichtet ein Team um Projektleiterin Carolyn Porco vom Space Science Institute in Boulder.

Die zwei "Hirten-Monde" Pan und Atlas haben dabei eine äußerst eigentümliche Form angenommen: Sie sehen aus wie fliegende Untertassen. Auf neuen Bildern der Raumsonde Cassini ist zu sehen, dass die beiden Monde einen Äquator-Durchmesser von etwa 35 bis 40 Kilometer besitzen, während die Distanz von Pol zu Pol weniger als 20 Kilometer beträgt. Die Wölbung rund um den Äquator erscheint auf den Bildern viel glatter als der Rest des Mondes.

Bislang war rätselhaft, wie sich die Monde so nah am Saturn überhaupt bilden konnten. Die Gezeitenkräfte des Planeten müssten größere Körper eigentlich schnell wieder in Stücke reißen. Allein aus den winzigen Staubkörnern der Saturnringe können sich auch keine größeren Gesteinsbrocken zusammenballen, zeigen Computersimulationen.

Die Forscher belegen aber mit Hilfe neuer Modellrechnungen, dass die Monde durch eine Kombination beider Prozesse entstanden sein könnten: Sie nehmen an, dass sich im Inneren der kleinen Monde ein fester Kern befindet – wahrscheinlich ein Bruchstück von einem größeren Himmelskörper, der durch einen Zusammenstoß zerstört wurde. Ursprünglich waren die Monde nur halb so groß wie heute. Anschließend wuchsen sie auf ihre heutige Größe an, indem sie Staubkörner aus den Saturnringen aufsammelten. "Die Kerne der Monde könnten bei dem Ereignis entstanden sein, bei dem sich auch die Ringe bildeten", sagt Co-Autor Derek Richardson von der University of Maryland.

Diese Theorie bestätigen auch die Dichtemessungen, die mit Hilfe der neuen Cassini-Daten möglich wurden. Die inneren Monde des Ringplaneten haben allesamt eine wesentlich geringere Dichte als Wasser und sind sehr porös. Das Ringmaterial selbst hat ähnliche Eigenschaften, legen frühere Cassini-Messungen nahe.

Wie lange die kleinen Trabanten sich schon in den Ringen befinden, kann das Forscherteam um Porco allerdings nicht sagen. Die Forscher halten es für möglich, dass die Winzlinge schon mehrfach zerstört wurden und sich anschließend wieder zusammenballten. Dabei müsse aber der Kern intakt geblieben sein. Es sei aber auch möglich, dass die Hülle aus dem leichten, porösen Staub der Ringe eine Art Knautschzone darstellt. Die Schutzhülle habe die Monde womöglich vor der Zerstörung bewahrt, schreiben die Forscher.

Carolyn Porco (Space Science Institute in Boulder, Colorado) et al.: Science, Bd. 318, S. 1602

wissenschaft.de - Ute Kehse

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by Dr. Radut