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Sehfähigkeit

Forscher machen blinde Höhlenfische sehend

Meldung vom 10.01.2008 - Mehr als eine Million Jahre haben die blinden Höhlenfische in Mexiko gebraucht, um sich an ein Leben ohne Licht anzupassen: Dazu haben sie sogar ihren Sehsinn aufgegeben. US-Forschern ist es hingegen gelungen, ihre Sehfähigkeit in nur einer Fisch-Generation wieder anzuzüchten.

Weil sie in den lichtlosen Höhlensystemen nicht sehen müssen, haben die kleinen rund zwölf Zentimeter großen, blinden Höhlenfische ihren Sehsinn aufgegeben. US-Forschern ist es jedoch durch Kreuzung gelungen, die Fische wieder zum Sehen zu bringen, wie das Wissenschaftsmagazin Current Biology berichtet.

In einigen Fällen sei es sogar gelungen, in einer Generation die Ausbildung von Sehorganen wieder anzuzüchten, so das Forscherteam um den Biologen Richard Borowsky von der University of New York. "Die Wiederherstellung der Sehfähigkeit ist in einer Generation möglich, weil die einzelnen Populationen in verschiedenen Höhlensystemen aus verschiedenen Gründen blind geworden sind. Das bedeutet, dass verschiedene Gene in den einzelnen Populationen funktionslos sind", so Borowsky.

Das Forscherteam hatte insgesamt 29 verschiedene Höhlensalmler der Spezies Astyanax mexicanus im Nordwesten Mexikos untersucht. Ursprünglich waren die Tiere kräftig pigmentierte, sehende Fische, die an der Wasseroberfläche lebten. In den vergangenen Jahrmillionen hatten sich insgesamt rund 30 verschiedene Formen ausgebildet - manche davon entwickelten sich zu farblosen, blinden Fischen, die optimal an das lichtlose Leben in den Höhlensystemen angepasst waren.

Die blinden Höhlenbewohner haben im Zuge der Anpassung auch den Körperbau leicht verändert: Im Kiefer tragen sie mehr Zähne und im Maul und Rachen verfügen sie über mehr Geschmacksknospen, um besser Nahrung zu finden. Deutlich verkleinert haben sich hingegen jene Regionen im Gehirn, die die visuelle Informationen verarbeiten.

In einem frühen Entwicklungsstadium als Embryos entwickeln die Fische allerdings immer noch Sehorgane, die sich erst im Laufe des Wachstums zurückbilden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Verzicht der Augen energetische Vorteile für den Fisch bringen. In früheren Studien haben Forscher angenommen, dass die Evolution der Blindheit und des Pigmentverlustes unabhängig in verschiedenen Regionen und durch Mutationen verschiedener Gene zustande gekommen ist.

Die Kreuzungen mit anderen Fischen hatte den Forschern deutlich vor Augen geführt, wie schnell physische Anpassungen durch Züchtungen mit anderen Artgenossen wieder rückgängig gemacht werden können. Die genetischen Defizite einer Elterngeneration konnten einfach durch die Stärke andere Gene wettgemacht werden. Das Forscherteam konnte zweigen, dass jene Gene, die für den Aufbau der Linse und Hornhaut bei den Fischen zuständig sind, auch bei den blinden Tieren voll funktionstüchtig blieben. "Das heißt, dass trotz der Blindheit der Fische, die funktionalen visuellen Systeme nur durch Mutationen einiger Schlüsselgene deaktiviert werden", erläutert Jeffery.

Die Studienergebnisse zeigen auch die Bedeutung der geografischen Komponente: Je weiter entfernt die beiden Elternpaare voneinander lebten, desto eher konnte ihr Nachwuchs wieder sehen. Das lege nahe, dass geografisch weiter entfernte Populationen auch genetisch weiter voneinander entfernt sind und dadurch weniger Überlappungen mit den "typischen Blindmachergenen" aufweisen.

Für Evolutionsforscher werden die Höhlensalmler auch in Zukunft ein wichtiges Forschungsfeld bleiben, denn damit könnte auch die Entwicklung des menschlichen Auges besser verständlich werden.

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Was Algen die Fähigkeit zum Sehen verschafft

Meldung vom 09.01.2008 - Dass Algen überhaupt etwas sehen können, dürfte den Laien überraschen. Doch wie und womit sehen diese pflanzenartigen Lebewesen? Dieser Frage sind jetzt Forscher aus Jena nachgegangen. Erkenntnis: Die Wahrnehmung von Licht funktioniert bei Algen nach ähnlichen Mechanismen wie bei Mensch und Tier.

"Natürlich ist das 'Sehen' einzelliger Algen nicht direkt vergleichbar mit der Sinneswahrnehmung höherer Organismen", räumt Maria Mittag, Professorin für Allgemeine Botanik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, ein. Aber, so macht die Forscherin deutlich, die Algen können Licht wahrnehmen und so hell und dunkel unterscheiden. Je nach Intensität schwimmen sie gezielt auf das Licht zu oder von ihm weg. Diese Lichtwahrnehmung geschieht über den sogenannten Augenfleck, ein relativ primitives visuelles System.

Gemeinsam mit Forschern der Uni Erlangen-Nürnberg ist es den Jenaer Forschern nun gelungen, die Eiweiße und Modifikationen des primitiven "Auges" dieser nur Tausendstel Millimeter großen Algen zu entschlüsseln. Dazu haben die Wissenschaftler sämtliche Eiweiße, aus denen der Augenfleck aufgebaut ist, isoliert und deren Struktur und Zusammensetzung analysiert. Über 200 Eiweiße konnten sie identifizieren und ihre Modifikationen im Augenfleck der Algen bestimmen.

"Interessanterweise besitzt dieser primitive Augenfleck auch Eiweiße, welche in den Augen von Tieren und vom Menschen vorkommen", berichtet Mittag und nennt als Beispiel ein Eiweiß mit Namen "SOUL-Häm-Bindeprotein". Hinweise auf dieses Eiweiß sind auch in der Netzhaut im Auge höherer Organismen zu finden. Ebenso sind diese auch in der Zirbeldrüse enthalten, jenem Organ im Gehirn, das bei Menschen und Tieren an der Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmus beteiligt ist. Diese Ähnlichkeiten sind kein Zufall: "Ganz ähnlich wie Auge und Zirbeldrüse bei Säugern oder uns Menschen, steuert der Augenfleck die Lichtwahrnehmung und könnte somit an der Synchronisation des Tag-Nacht-Rhythmuses der Algen beteiligt sein", so Mittag.

Außerdem haben die Forscher herausgefunden, dass die Modifikationen sogenannter Rhodopsine im Augenfleck der Algen konserviert sind. Diese Moleküle sind als Lichtrezeptoren auch in den Augen von Wirbeltieren mit diesen Modifikationen zu finden. "Das lässt darauf schließen, dass der Lichtsignalweg bei den Grünalgen und Wirbeltieren nach ähnlichen Mechanismen gesteuert wird", macht Mittag deutlich.

"Das ist nicht nur wichtiges Grundlagenwissen für uns Botaniker", ordnet Prof. Mittag die aktuellen Forschungsergebnisse ein. "Vielmehr lassen sich daran auch entwicklungsbiologische Prozesse ableiten, etwa wie das Auge höher entwickelter Organismen entstanden ist."

Selbst therapeutische Anwendungen seien eines Tages denkbar. Versuche aus anderen Labors, ein Algen-Rhodopsin in andere Organismen zu übertragen, zeigten bereits Erfolge. So kann dieses Eiweiß Nervenzellen in damit behandelten Fadenwürmern stimulieren und bei diesen Lichtreaktionen auslösen bzw. bei blinden Mäusen partielles Sehen vermitteln.

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by Dr. Radut