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Von wegen innere Werte...

Meldung vom 25.01.2008 - Ammern wählen ihre Partner abhängig von ihrer Situation nach deren Aussehen aus

Weibchen einer amerikanischen Ammerart suchen anhand des Aussehens jedes Jahr diejenigen Männchen aus, die besonders gut auf die herrschenden Lebensbedingungen angepasst zu sein scheinen. So wählen sie in einem Jahr mit vielen Erdhörnchen im Brutgebiet bevorzugt Männchen, deren Äußeres Kraft und somit eine gute Verteidigung gegen die Nesträuber verspricht. In Jahren mit wenig Heuschrecken ist hingegen ein guter Nahrungssammler beliebter, wie Alexis Chaine und Bruce Lyon von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz herausgefunden haben. Sie beobachteten das Brutverhalten der Ammern über fünf Jahre hinweg.

In der Evolutionsbiologie gilt die Entwicklung von übertriebenen sekundären Geschlechtsmerkmalen als Ergebnis von zwei Mechanismen: Rivalität zwischen zwei Männchen und weibliche Partnerwahl. Die Vorlieben der Weibchen können dabei zu so absurden Dingen wie dem Pfauenrad führen, das dem Männchen zwar eine Partnerin, im täglichen Leben aber sonst nur Schwierigkeiten bringt.

Bei den in Nordamerika beheimateten Ammern der Art Calamospiza melanocorys liegen die Dinge anders: Die Weibchen bevorzugen zwar ein bestimmtes Aussehen der Männchen – aber jedes Jahr ein anderes. Im ersten Jahr ihrer Studie konnten Chaine und Lyon beobachten, dass vor allem Männchen mit großem Schnabel eine Partnerin bekamen, im zweiten Jahr waren dagegen diejenigen mit besonders vielen Federn beliebt. Auch die Intensität der Federfärbung bewog Weibchen in einer Brutsaison zur Wahl des Partners.

Die Wissenschaftler konnten nicht bei allen weiblichen Vorlieben feststellen, mit welchen positiven Eigenschaften die Vogeldamen das Aussehen der Männchen verbinden. Wo Körper- und Schnabelgröße noch relativ eindeutig für Kraft, Verteidigungsfähigkeit und vielleicht gute Nahrungssammler sprechen, ist die Bedeutung der Federndichte oder ihre Färbungsintensität nicht sofort offensichtlich. Gemeinsam war allen Merkmalen nur, dass sie in bestimmten Jahren bei den Weibchen besonders populär waren.

Auf die wechselnden Vorlieben der Ammern wurden Chaine und Lyon aufmerksam, als ihnen das sehr unterschiedliche äußerliche Erscheinungsbild der Männchen auffiel. Eine derartige Diversität ist bei Arten, wo sich die Frau den Partner aussucht, eher ungewöhnlich, da die Kriterien für die Gefährtenwahl als relativ fix gelten. Das wählerische Verhalten der Weibchen steigert die Vielfalt im Aussehen der männlichen Ammern und dämpft damit die Geschwindigkeit der sexuellen Auslese. Diese Entdeckung von Chaine und Lyon könnte einige bestehende Theorien zur Selektion ins Wanken bringen.

Alexis Chaine und Bruce Lyon (Universität von Kalifornien, Santa Cruz): Science, Band 319, S. 459

wissenschaft.de – Livia Rasche



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