Skip to Content

Polnische Piratenfischer machen Dorsch den Gar aus

Meldung vom 21.01.2008 - Die illegale Fischerei verspricht noch immer ein Riesengeschäft: Sogenannte Piratenfischer jagen aber nicht nur teuren Thunfisch im Atlantik – auch auf der Ostsee geht laut Behörden nicht alles mit rechten Dingen zu. Vor allem Dorschjäger aus Polen halten sich nicht an Fangverbote.

Illegale Fischerei gilt als eine der größten Gefahren für die Artenvielfalt in den Weltmeeren. Bis zu zehn Milliarden Euro werden durch den Handel mit Schwarzfängen nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums jedes Jahr weltweit verdient. „Illegale Fischerei ist auch in unseren Breiten ein riesiges Problem“, sagt Greenpeace-Experte Thilo Maack. Vor allem übereifrige Dorsch-Fischer aus Polen sorgen dort seit Monaten für Ärger.

Rund 40.000 Tonnen des begehrten Speisefischs dürfen Europas Fischer laut EU-Fangquotenregelung pro Jahr östlich der Insel Bornholm aus der Ostsee holen. Dass es dabei nicht bleibt, ist kein Geheimnis. „Wir wissen, dass 35 bis 45 Prozent zusätzlich durch illegale Aktivitäten entnommen werden“, erklärt Christopher Zimmermann vom bundeseigenen Institut für Ostseefischerei in Rostock. Das Landwirtschaftsministerium schätzt, dass so bis zu 22.000 Tonnen Dorsch pro Jahr unerlaubt auf dem Markt landen.

Ob dies schon die ganze Wahrheit ist, weiß allerdings niemand. Greenpeace und der World Wide Fund for Nature (WWF) veranschlagen die tatsächlich gefangene Dorschmenge bisweilen auf das doppelte der EU- Quote. Auch Meeresbiologe Zimmermann hält dies für plausibel: „Möglicherweise werden 100 Prozent mehr entnommen.“

Dafür verantwortlich sind nach Expertenmeinung vor allem polnische Fischer. Nach Erkenntnissen von Umweltschützern und Fischereifachleuten überschreiten sie ihre nationale Dorsch-Fangquote von rund 10.000 Tonnen pro Jahr möglicherweise um das doppelte, wenn nicht um noch mehr. Offizielle Zahlen dazu gibt es nicht. Brisant sei das Problem in Polen vor allem wegen einer viel zu großen Fangflotte und unübersichtlichen Absatzwegen für illegale Fänge, sagt Maack: „Dort gibt es eine über Jahre gewachsene Struktur, die dringend aufgebrochen werden muss.“

Auch die für die Bewirtschaftung der europäischen Fischbestände zuständige EU-Kommission hat das Problem seit längerem erkannt. Im Juli 2007 verhängte sie sogar ein mehrmonatiges Dorsch-Fangverbot für polnische Fischer im östlichen Teil der Ostsee. Genutzt hat es allerdings wenig. Mit Rückendeckung der damaligen konservativen Regierung in Warschau fischten viele Kutter unbehelligt weiter.

Forscher und Umweltschützer sorgen sich nicht erst seitdem um die ökologischen und ökonomischen Folgen solcher Praktiken. Der Zusammenbruch der ohnehin schwer geschädigten östlichen Dorsch- Bestände sei durchaus vorstellbar, erläutert Zimmermann. Außer erheblichen Auswirkungen auf das Ökosystem würde dies auch das Ende jeder „wirtschaftlich sinnvollen Befischung“ bedeuten.

Entsprechend alarmiert reagieren deutsche Fischer auf das Verhalten ihrer polnischen Kollegen. „Ohne Dorsch geht es nicht“, sagt Gretel Flindt, langjährige Geschäftsführerin der Fischverwertung im schleswig-holsteinischen Heiligenhafen. In der artenarmen Ostsee sind die 400 Mitglieder ihrer Genossenschaft fast ausnahmslos von diesem Fisch abhängig. Und selbst wenn die Schwarzfänge den Bestand nicht kollabieren lassen, schädigen sie nach Angaben von Flindt die Interessen legal arbeitender Fischer: „Wenn Sie inoffiziell Ware im Markt haben, drückt das den Preis.“

Zur Originalnachricht auf welt.de







forum | by Dr. Radut