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Klimawandel

Der Klimawandel lässt die Durchschnittstemperaturen auf der Erde steigen. Das führt nicht nur nicht nur kurzfristig zu extremeren Wetterphänomenen, sondern verschiebt auf längere Sicht auch die Jahreszeiten. Besonders das Frühjahr bricht immer eher an – Frühjahrsboten wie Schneeglöckchen und Forsythien blühen früher, und auch manche Schmetterlinge schlüpfen eher. Das hat Folgen für viele Ökosysteme: Denn eingespielte Beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren geraten durcheinander. Die Existenz vieler Arten steht auf dem Spiel.

Hintergrund: Klimawandel, Jahreszeiten und Ökosysteme

Sie sind Vorboten des nahenden Frühjahrs: Schneeglöckchen, blühende Weiden oder Winterjasmin. Je nach Witterung öffnen sie meist Ende Februar oder Anfang März ihre Blüten. Etwas später folgen Forsythien, und die Blüte der ersten Obstbäume wie Kirsche, Birne oder Pflaume ist ein sicheres Anzeichen dafür, dass der Frühling begonnen hat.

Seit einigen Jahrzehnten beobachten Natur- und Klimaforscher, dass der sogenannte phänologische Frühling in Mitteleuropa immer früher beginnt. Das heißt, viele verschiedene Pflanzenarten, die typischerweise im Frühjahr blühen, zeigen die ersten Blüten im langjährigen Durchschnitt früher als noch vor wenigen Jahrzehnten üblich.

Phänologen, Forsythien und der Frühling

Diese Entwicklung ist unter anderem durch phänologische Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) belegt. Phänologie ist die wissenschaftliche Untersuchung von periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen in der Natur. Viele hundert Beobachter/-innen liefern deutschlandweit Daten für den DWD. Zu den bekanntesten Beobachtungsergebnissen zählt der seit 1945 geführte "Hamburger-Forsythienkalender". Demnach hat sich innerhalb von 50 Jahren die Forsythienblüte am Standort "Hamburger Lombardsbrücke" um 26 Tage verfrüht.

Ein weiteres Beispiel sind die 2002 erstmals veröffentlichten, zu diesem Zeitpunkt bereits seit 48 Jahren akribisch geführten Aufzeichnungen des englischen Tier- und Pflanzenforschers Richard Fitter. Seine Listen zeigten, dass von 557 beobachteten Arten 385 im Durchschnitt vier Tage früher, 60 davon im Mittel sogar zwei volle Wochen früher erblühten.

Klimawandel verschiebt Jahreszeiten

Solche Erkenntnisse aus der Phänologie ermöglichen Rückschlüsse darauf, wie Tiere und Pflanzen auf den Klimawandel reagieren und wie sich die bisherige Erderwärmung – mehr als 0,7 Grad Celsius innerhalb der vergangenen 100 Jahre – auf den Beginn der Jahreszeiten auswirkt. Jedoch können sich Beobachtungsergebnisse für einzelne Arten an einzelnen Orten von Jahr zu Jahr stark unterscheiden. Sie sind nicht mit dem Beginn von Jahreszeiten gleichzusetzen. Entscheidend sind Durchschnittswerte und langjährige Trends.

Auch diese wurden in verschiedenen Studien untersucht. So kommt eine Untersuchung des Bundesamtes für Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem DWD anhand von Daten zur Apfelblüte in Deutschland von 1951 bis 2009 zu dem Ergebnis, dass sich der Frühlingsbeginn in Deutschland in diesem Zeitraum im Schnitt um rund 1,7 Tage pro Dekade verfrüht hat.

Andere Studien gehen von einer noch stärkeren Verschiebung aus. So ergab eine 2008 veröffentlichte Vergleichsstudie der Technischen Universität München, dass sich europaweit der Zeitpunkt des Frühlingsbeginns jedes Jahrzehnt um 2,5 Tage nach vorne verschoben hat.

Klimawandel überfordert viele Arten

Die Klimaveränderungen insgesamt können für viele Tier- und Pflanzenarten zum Problem werden. Wissenschaftler befürchten, dass allein in Deutschland zwischen fünf und 30 Prozent aller Arten aussterben könnten. Der Weltklimarat geht davon aus, dass für weltweit 20 bis 30 Prozent aller Arten das Risiko des Aussterbens wächst, in einzelnen Regionen sogar für bis zu 60 Prozent. Dabei spielt auch die Veränderung der phänologischen Jahreszeiten eine Rolle. Sie bedeutet, dass sich die Entwicklungsprozesse in der Natur verschieben. Eine Veränderung von wenigen Tagen bei einzelnen Arten kann bereits ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen und Nahrungsketten zusammenbrechen lassen.

Darauf deutet zum Beispiel eine Langzeitstudie an Kohlmeisen hin: Die Vögel bekommen Schwierigkeiten, ihren Nachwuchs zu ernähren. Denn Insektenlarven, die den Meisen als Hauptnahrungsquelle dienen, schlüpfen früher im Jahr; nach nur drei Wochen verpuppen sie sich versteckt im Boden. Die Vögel müssten ebenfalls eher Eier legen oder schneller brüten, um mit der Entwicklung der Larven Schritt halten zu können. Doch: Solche Veränderungen setzen sich bei Vögeln, anders als bei Insekten, nur langsam durch. Ob die Zeit für die Meisen reicht, um sich den Folgen des fortschreitenden Klimawandels anzupassen, ist unklar.

Auch andere Vogelarten sind betroffen: Der Trauerschnäpper überwintert in Afrika und verpasst durch die frühere Entwicklung der Insekten den Zeitpunkt der höchsten Insektendichte, die er gewohnterweise nach seiner Rückkehr antreffen würde, der Kuckuck hingegen findet kein freies Nest mehr, in das er seine Eier unbemerkt legen und von Wirtsvögeln großziehen lassen kann. Eine Anpassung ist beim Kuckuck bereits zu beobachten: Er ist nun öfter in kühleren Höhenlagen anzutreffen als im Tiefland.

Bienen verpassen Blütezeit

Die Erderwärmung kann also dazu führen, dass Lebensräume sich verschieben und auf diese Weise voneinander abhängige Tier- und Pflanzenarten auseinanderreißen. Zum Beispiel verlagern sich wegen der Temperaturveränderungen die Lebensräume mancher Schmetterlingsarten nach Norden. Doch viele Vogelarten ernähren sich von den Raupen bestimmter Schmetterlingsarten. Andere Schmetterlinge wiederum brauchen spezielle Pflanzen zum Leben. Je spezialisierter eine Art ist, umso gefährlicher wird die Lebensraumverschiebung für sie.  Die Raupen  des Natterwurz-Perlmutterfalters sind beispielsweise auf den Wiesenknöterich als Fraßpflanze angewiesen. Auch wenn die Schmetterlingsart sich an die Temperaturverschiebung schrittweise anpasst - die Pflanze, von der sie abhängig ist, ist bei weitem nicht so flexibel.

Auch die zeitlichen und räumlichen Verschiebungen zwischen Blütenpflanzen und deren Bestäubern haben negative Folgen: Verlagert sich die Frühjahrsblüte zu weit vor, drohen Pflanzen unbestäubt zu bleiben, weil Bienen und Hummeln noch in der Winterruhe sind. Wie zentral aber die Bestäubung für das Ökosystem ist, zeigen diese Zahlen: Etwa 60 bis 80 Prozent der Wildpflanzen und 35 Prozent der weltweiten Agrarproduktion hängen davon ab, dass die Blüten der Pflanzen von Insekten bestäubt werden.

Exoten werden heimisch

Durch den Klimawandel werden manche exotische Arten in Europa heimisch: In der Schweiz etwa wachsen verwilderte ostasiatische Hanfpalmen. In Deutschland vermehren sich Kirschlorbeer und Sommerflieder. Solche eingewanderten Arten können der Artenvielfalt schaden, denn sie verdrängen andere Gewächse – und heimische Insekten können sie meist nicht als Nahrung nutzen. Dass sich exotische Gewächse verbreiten, kann sich auch nachteilig auf die menschliche Gesundheit auswirken: So breitet sich die allergieauslösende Beifuß-Ambrosie in Deutschland aus.

Nicht nur das Zusammenspiel der Arten in den verschiedenen Ökosystemen gerät durcheinander. Die Erderwärmung wirkt sich über zunehmende Wetterextreme auch direkt auf Tier- und Pflanzenarten aus. Sie müssen häufiger extreme Temperaturen, Wassermangel oder zu viel Feuchtigkeit verkraften. Auch die Landwirtschaft muss sich darauf einstellen. Voraussichtlich wird es sich eher lohnen, Mais, Hirse oder Soja anzubauen –Arten, die ein wärmeres Klima mögen. Dagegen ist zu erwarten, dass Kartoffeln, Roggen oder Hafer weichen müssen.

Folgen des Wandels begrenzen

Der Klimawandel selbst ist nicht mehr zu verhindern – doch kann er verlangsamt und begrenzt werden. Dafür ist es vor allem notwendig, die Auslöser der globalen Erwärmung, die Treibhausgasemissionen, zu verringern. Zentral ist vor allem die Begrenzung des Kohlendioxidausstoßes: Energie muss effizienter genutzt, fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdgas und Erdöl müssen durch regenerative Energien ersetzt werden.

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Reduzierung von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist die Speicherung von Kohlenstoff in Ökosystemen. Die Natur bietet sich als "Dienstleister" an: Meeres- und Landökosysteme stellen bedeutende Kohlendioxidsenken dar. Durch das Wachstum der Vegetation sowie durch Torfbildung in Mooren und Humusbildung in natürlichen Grasländern und Wäldern wird dem Kreislauf Kohlenstoff entzogen und festgelegt. Die natürlichen Kohlendioxid-Senken wie Moore und Feuchtgebiete gilt es zu schützen.

Gleichzeitig betonen Fachleute, dass zur Begrenzung eines Verlusts an Tier- und Pflanzenarten deren Potenzial geschützt und gefördert werden muss, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Dazu gehört beispielsweise, Wanderungsbewegungen durch ein weitverzweigtes Netz von Biotopen zu ermöglichen.

Weiterführende Links zum Thema

Bundesamt für Naturschutz: Klimawandel und Biodiversität
http://www.bfn.de/0307_klima.html

Deutscher Wetterdienst: Klima und Umwelt: Phänologie
http://www.dwd.de/phaenologie

BMU-Magazin: Klimawandel in Deutschland – Anpassung ist notwendig
http://www.bmu.de/klimaschutz/downloads/doc/43951.php

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by Dr. Radut