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Wie aus einer Ameise eine Beere wird

Meldung vom 18.01.2008 - Parasiten lassen den Hinterleib der Insekten wie reife Früchte aussehen

Ein auf Ameisen lebender Fadenwurm verändert seinen Wirt so stark, dass er danach einer reifen roten Beere gleicht. Vögel sollen auf diese Weise dazu verleitet werden, die eigentlich für sie ungenießbaren Ameisen zu fressen und den Parasiten über ihren Kot weiterzuverbreiten. Sammeln andere Ameisen den infizierten Kot auf und füttern ihre Nachkommen damit, beginnt der Lebenszyklus des Fadenwurms von vorne. Diesen Kreislauf haben Robert Dudley von der Universität Berkeley und Stephen Yanoviak von der Universität Arkansas zufällig bei Studien über gleitflugfähige Ameisen im Amazonasbecken entdeckt.

Dudley und Yanoviak untersuchten das Gleitfliegen der Ameise Cephalotes atratus, als sie einige Tiere mit rotem Hinterteil zwischen ihren sonst einheitlich schwarzen Studienobjekten bemerkten. Zunächst nahmen sie an, dass es sich um eine neue Art handelte. Nachdem sie einen roten Hinterleib aufgeschnitten und Fadenwürmer darin entdeckt hatten, stellten sie aber schnell eine Verbindung zwischen den gefärbten Ameisen und den im Studiengebiet häufig vorkommenden roten Beeren fest.

Arbeiterinnen des Ameisenstaates bringen dabei infizierten Kot in die Kolonie und füttern ihre Puppen damit. Der Fadenwurm schlüpft und bewegt sich vom Magen der Ameisenpuppe zum Hinterleib, wo er sich mit Artgenossen paart und Eier legt. Wenn die Eier ihre Reifezeit erreichen, färbt sich der Hinterleib der Ameise rot. Geschwächt durch den Parasitenbefall sind die Bewegungen der Ameise langsamer als die gesunder Artgenossen, und sie streckt ihr Hinterteil in einer Alarmhaltung in die Höhe. Diese Verhaltensweise täuscht nahrungssuchende Tyrann- und Schreivögel, die das rote Hinterteil vom Rest der Ameise abzupfen. Der Parasit durchläuft den Verdauungstrakt des Zwischenwirts, ohne ihm zu schaden, und wird zusammen mit Samen- und Insektenresten im Kot ausgeschieden. Auf diese Art und Weise werden durchschnittlich fünf Prozent jeder Kolonie von Cephalotes atratus infiziert.

Mimikry, die Nachahmung eines anderen Tiers oder einer Pflanze, ist in der Natur weit verbreitet und dient meist dem Schutz vor Fressfeinden. Der umgekehrte Fall ist eher selten, und noch nie war eine Fruchtnachahmung bekannt, die durch einen Parasiten hervorgerufen wird.

Mitteilung der University of California, Berkeley

wissenschaft.de – Livia Rasche


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