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Gehirn

Zigaretten sind mit harten Drogen vergleichbar

Meldung vom 05.03.2008 - Nikotin hat ähnliche Auswirkungen auf das Gehirn wie sogenannte harte Drogen. In einer Studie belegen Forscher, dass Rauchen dann auch ähnlich gefährlich ist wie der Konsum von Alkohol, Kokain, Heroin oder Amphetaminen. Für die Untersuchung ließen sich die Probanden sogar auf Entzug setzen.

Raucher weisen in der Funktion des Dopamin-Systems im Gehirn ähnliche Defizite auf wie andere Suchtkranke. Das haben Mainzer, Aachener und Dresdner Wissenschaftler durch eine Positronen-Emissions-Tomographie (kurz: PET) herausgefunden. Die Studie zeigt, dass die neurobiologischen Auswirkungen von Nikotin sich denen von Alkohol, Kokain, Heroin oder Amphetamin ähneln. Bislang wurde nicht davon ausgegangen, dass Nikotin die gleichen neurobiologischen Folgen hat wie die so genannten harten Drogen. Diese Annahme widerlegen die Wissenschaftler in ihrer Studie.

Die Forscher untersuchten den Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn von insgesamt 17 starken Rauchern und verglichen die Ergebnisse mit denen von insgesamt 21 Nichtrauchern. Der Grund: Nikotin setzt, genau wie Alkohol oder andere Drogen, in einem Teil des Mittelhirns den Botenstoff Dopamin frei – umgangssprachlich auch als Glückshormon bezeichnet. Rezeptoren auf der Oberfläche von Nervenzellen binden Dopamin und werden in die Zelle geschleust. Bei chronischem Nikotinkonsum kann sich durch eine dauerhaften Dopamin-Freisetzung die Dichte der Rezeptoren verändern.

So zeigt die Studie, dass in einem Teil des Gehirns die Verfügbarkeit bestimmter Dopamin-Rezeptoren bei den Rauchern gegenüber den Nichtrauchern stark verringert ist. Eine ähnlich niedrige Rezeptorverfügbarkeit in diesem Teil des Gehirns tritt auch bei Patienten auf, die alkohol-, kokain-, heroin- oder amphetaminabhängig sind.

Eine niedrige Verfügbarkeit von Dopamin-Rezeptoren in bestimmten Bereichen verschlechtert die natürliche Dopamin-Wirkung. "Dieses Muster ist auch von Patienten mit anderen Suchterkrankungen bekannt", erläutert der Erstautor der Studie, Dr. Christoph Fehr. "Dies ist ein Beleg dafür, dass Rauchen eine dem Alkohol- oder Drogenmissbrauch vergleichbare Sucht ist."

In anderen Teilen des Gehirns stellten die Wissenschaftler keine Unterschiede in der Dopamin-Rezeptorverfügbarkeit zwischen Rauchern und Nichtrauchern fest. Die starken Raucher wurden zudem insgesamt zweimal untersucht - einmal unmittelbar nach dem Rauchen, also unter Konsumbedingungen, ein anderes Mal 24 Stunden nach der letzten Zigarette, also unter Entzugsbedingungen. "Auch hier konnten wir keine Unterschiede feststellen - die niedrige Verfügbarkeit war auch unter Entzugsbedingungen noch gegeben", sagt Fehr und erklärt weiter: "Wenn diese niedrige Verfügbarkeit noch länger anhält, wäre dies eine mögliche Erklärung, warum es Rauchern so schwer fällt, mit dem Rauchen aufzuhören. Denn eine anhaltende Unterfunktion des Dopamin-Systems scheint ein charakteristische Merkmal für Abhängigkeit und Rückfallrisiko bei einer Suchterkrankung zu sein."

Zur Originalnachricht auf welt.de





Wo die Mutterliebe wohnt

Meldung vom 01.03.2008 - Forscher identifizieren die für Elterngefühle verantwortlichen Gehirnregionen

Japanische Forscher haben die für die Mutterliebe verantwortlichen Areale im Gehirn aufgespürt: Bestimmte Bereiche in der Großhirnrinde und im limbischen System springen nur dann an, wenn Mütter ihr eigenes Kind lachen oder weinen sehen. Bei Kindern anderer Menschen rufen die gleichen Verhaltensweisen diese Reaktion nicht hervor. Das fanden Forscher um Madoka Noriuchi von der Universität in Tokio heraus, als sie die Gehirnaktivität von 13 Müttern während des Betrachtens von Videomaterial ihrer eigenen und fremder Kinder überwachten.

Die teilnehmenden Mütter betrachteten für die Studie Videos von Kleinkindern, die einmal lachten und einmal weinten. Darunter waren ihre eigenen Kinder und Kinder fremder Mütter, die alle durchschnittlich 16 Monate zählten. Die Reaktion der Frauen auf die Bilder hielt das Team um Noriuchi mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRI) fest. Dieses Verfahren liefert hochauflösende Bilder von aktiven Strukturen innerhalb des Gehirns.

"Wir fanden eine begrenzte Anzahl von Gehirnarealen, die spezifisch mit der Mutterliebe in Verbindung standen", erklärt Noriuchi. Teile der Großhirnrinde und des limbischen Systems – dies ist eine Funktionseinheit des Gehirns, die der Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Triebverhalten dient – waren nur aktiv, wenn die Mutter das eigene Kind betrachtete. Weinte das Kind, war die Aktivität der Gebiete noch höher. Die Forscher gehen davon aus, dass dies ein biologisch sinnvoller Mechanismus ist, der zum Ziel hat, den eigenen Nachwuchs möglichst erfolgreich aufzuziehen.

Madoka Noriuchi (Universität Tokio) et al.: Biological Psychiatry, Band 63, S. 415

wissenschaft.de – Livia Rasche


Aggression setzt Glückshormon frei

Das Gehirn schüttet bei aggressivem Verhalten das Glückshormon Dopamin aus. Dies haben Wissenschaftler in einer Studie mit Mäusen beobachtet. Vor die Wahl gestellt zwischen einem friedlichen Dasein und der Konfrontation mit Artgenossen, suchten die Mäuse freiwillig die Konfrontation. Schalteten die Wissenschaftler die Belohnung durch das Glückshormon hingegen aus, entschieden sich die Tiere gegen die Auseinandersetzung. Über die Studie von Craig Kennedy und Maria Couppis berichtet die Vanderbilt-Universität in Nashville.

Die Ausschüttung von Dopamin als Antwort auf positive Reize wie Nahrungsaufnahme, Sex oder Drogenkonsum hatten Neurologen bereits in früheren Studien entdeckt. Dass auch Aggression das Gehirn dazu bringt, Glückshormone freizusetzen, ist jedoch neu. Dabei sei die Belohnung von aggressivem Verhalten in der Natur durchaus sinnvoll, meint Kennedy. Bei fast allen Wirbeltieren ist Aggression ein Instrument zur Verteidigung von Partnern, Nahrung und Revier und dient dadurch dem eigenen Überleben und dem Überleben der Nachkommen.

Kennedy und Couppis machten sich in ihrem Experiment diesen Umstand zunutze: Eine männliche Maus mit Revier und Partnerin wurde gezwungen, ihr Territorium gegen einen Artgenossen zu verteidigen. In den folgenden Tagen wurde der Rivale nur in den Käfig gelassen, wenn die heimische Maus zuvor einen Knopf gedrückt hatte. Überraschenderweise drückten daraufhin die Mäuse auf den Knopf und verteidigten freiwillig erneut ihr Revier. Als Kennedy und Couppis auf der Suche nach der Ursache für dieses Verhalten die Ausschüttung des Hormons Dopamin in den Mäusehirnen unterbanden, geschah dies nicht.

Aus der Logik des Experiments lasse sich die menschliche Neigung zu Konflikten und Auseinandersetzungen mit begründen, so die Forscher. Nahrung und Revier müssen zwar nicht mehr verteidigt werden, doch da der Belohnungsmechanismus für aggressives Verhalten trotzdem noch besteht, ist die Versuchung dazu groß. Auch die Faszination vieler Menschen für gewalttätige Sportarten wie Boxen und Football lasse sich dadurch erklären.

Mitteilung der Vanderbilt University, Nashville

wissenschaft.de – Livia Rasche


Gefühl für feine Schwingungen

Meldung vom 12.01.2008 - Nervenzellen im menschlichen Gehirn unterscheiden Töne sehr präzise

Die für das Hören zuständigen Nervenzellen im Gehirn reagieren selbst auf kleinste Frequenzunterschiede von Tönen. Die Nervenzellen des Menschen, die für die Weiterleitung dieser Signale zuständig sind, arbeiten sogar sehr viel präziser als die der meisten anderen Säuger – mit Ausnahme von Fledermäusen. Das berichten Neurologen um Yael Bitterman von der Hebräischen Universität in Jerusalem.

Zur Untersuchung der Nervenzellen spielten Bitterman und seine Kollegen vier Freiwilligen mit bereits implantierten Hirnelektroden unterschiedliche Akkorde sowie gemischte Sequenzen aus Filmmusik vor. Während die Teilnehmer die Musik anhörten, zeichneten die Wissenschaftler deren Aktivität im Hörzentrum des Gehirns auf. Anschließend konstruierten sie ein Raster, in dem die Reaktionen der Nervenzellen auf die Reize aufgezeigt werden konnten.

Das Resultat: Eine einzelne Nervenzelle aus dem als auditiven Kortex bezeichneten Hörzentrum kann schon Töne unterscheiden, die nur eine Zehntel Oktave auseinander liegen. Diese Leistung ist besser als die von Katzen, die unter einer Oktave keine Klänge unterscheiden können. Auch einzelne Nervenzellen von Ratten erreichen lediglich eine Hörgenauigkeit von einer Drittel Oktave und die Zellen von Makaken können nur eine halbe bis zu einer Oktave differenzieren.

Warum beim Menschen eine so präzise Frequenzunterscheidung ausgebildet ist, darüber können die Wissenschaftler nur spekulieren. Für das Sprachverständnis habe diese Besonderheit vermutlich keinen Vorteil, sagt Fried, einer der beteiligten Forscher. Vielmehr könnte ein selektives Gehör mit anderen kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen wie etwa der Lernfähigkeit oder mit der Funktionsweise des Arbeitsgedächtnisses.

Yael Bitterman (Hebräische Universität Jerusalem): Nature, Band 451, S. 197

wissenschaft.de – Christina Taraschewski


Das Hirn googelt

Meldung vom 31.12.2007 - Das Gedächtnis nutzt ein ähnliches System wie die Suchmaschine

Die menschliche Erinnerung arbeitet bei der Suche nach Informationen ähnlich wie die Suchmaschine Google. Das haben amerikanische Psychologen in Vergleichstests gezeigt. Google basiert auf einem speziellen Verfahren namens PageRank, das nicht nur die Anzahl der Begriffe auf den Internetseiten, sondern auch deren Wichtigkeit wertet. Welche Seiten wichtig sind, wird wiederum davon bestimmt, ob andere wichtige Seiten zu der jeweiligen Seite linken. In Zukunft könnte dieses Prinzip dazu benutzt werden, in Erinnerungsexperimenten die Wichtigkeit von Wörtern zu untersuchen, schreiben die Wissenschaftler um Thomas Griffiths.

Ähnlich wie Google nach Internetseiten suchen auch Menschen in ihrem Gedächtnis nach Daten, Fakten, Wörtern oder Konzepten. Wie frühere Untersuchungen bereits zeigten, sind die Informationen im Erinnerungs-Netzwerk ähnlich miteinander verbunden wie die Daten im Internet. Die Wissenschaftler um Griffiths untersuchten nun mit einem Test zur Erinnerungsfähigkeit, wie eine solche Informationsbeschaffung funktioniert: Fünfzig Probanden wurden nacheinander Karten mit einem Buchstaben des Alphabets gezeigt. Anschließend mussten sie beginnend mit diesen Anfangsbuchstaben das erste Wort nennen, das ihnen einfiel, beispielsweise "Apfel" als Antwort auf "A".

Die auf diese Weise gesammelten rund 5.000 Wörter stellten die Forscher in einem unter sprachlichen Gesichtspunkten organisierten Netzwerk zusammen. Dabei ergab sich eine ganz ähnliche Struktur, wie auch aus einer Auswertung der Daten nach dem Google-Verfahren PageRank folgte. So konnte mit PageRank zuverlässig die Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden, mit der die Wörter von den Probanden genannt wurden. Da die Informationen in beiden Systemen auf ähnliche Weise beschafft und verarbeitet werden, lassen sich in Zukunft vielleicht neue Möglichkeiten finden, wie Suchmaschinen optimiert und die kognitiven Leistungen weiter erforscht werden können, erklären die Forscher.

Thomas Griffiths (Universität von Kalifornien, Berkeley) et al.: Psychological Science, Bd. 18, S. 1069

wissenschaft.de – Christina Taraschewski


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