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Geowissenschaften

Feuer aus dem Eis

Meldung vom 21.01.2008 - Forscher finden Beweise für Vulkanausbruch unter antarktischem Eis

Vor zweitausend Jahren ist unter der westantarktischen Eisdecke ein Vulkan ausgebrochen, der noch heute aktiv ist. Das schließen Hugh Corr und David Vaughan von der British Antarctic Survey in Cambridge aus Radarbildern, die während einer Überfliegung der Hudson Mountains in der Westantarktis geschossen wurden. Die Bilder zeigen Reflexionen, die über ein ovales Areal verteilt sind und zu den Rändern hin schwächer werden. Die Wissenschaftler glauben, dass die Reflexionen von einer Ascheschicht stammen, die ein Vulkanausbruch hinterlassen hat.

Die westliche Antarktis liegt im Gegensatz zum östlichen Teil des Kontinents auf einer Plattengrenze und ist daher vulkanisch aktiv. Beweise für tätige Vulkane oder sogar Vulkanausbrüche unter dem Eis gab es bisher allerdings nicht. Corr und Vaughan können sich die Radarbilder aber anders nicht erklären: Dafür sprechen nicht nur die auffällige ovalen Form und die Reflexionen, sondern auch, dass die Schicht isochron, also zur gleichen Zeit, abgelagert worden ist.

Vermessungen der reflektierenden Schicht ergaben, dass sie ein Gebiet von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns bedeckt und aus bis zu 0,3 Kubikkilometern Asche besteht. Auf der achtstufigen Eruptionsskala für Vulkane, dem Vulkanexplosivitätsindex, entspräche das dem Wert vier, einer großen Eruption. Corr und Vaughan glauben, dass die Explosion eine der größten in den vergangenen 10.000 Jahren der Antarktis gewesen sein muss. Wahrscheinlich sprengte sie ein großes Loch in die Eisdecke und schleuderte Asche und Gesteinsbrocken fast zwölf Kilometer in die Höhe.

Eine unabhängige Bestätigung für ihre Theorie des Ausbruchs unter dem Eis haben Corr und Vaughan in Eisbohrkernen gefunden: Wissenschaftler hatten die Eisproben schon früher in der Nähe der Hudson Mountains gezogen und in zwei von ihnen eine vulkanische Ascheschicht entdeckt, deren Ursprung sie sich nicht erklären konnten. Die Schichten sind ungefähr 2.300 Jahre alt, was in den Unsicherheitsbereich der Altersdatierung der Eruption vor 2.400 bis 1.900 Jahren passen würde.

Hugh Corr und David Vaughan (British Antarctic Survey, Cambridge): Nature Geoscience, Online-Vorabveröffentlichung, DOI:10.1038/ngeo106

wissenschaft.de – Livia Rasche


Atmen in der Kälte

Meldung vom 03.01.2008 - Warmer Herbst verhindert Kohlenstoffspeicherung in Pflanzen

Ein wärmerer Herbst auf der Nordhalbkugel der Erde führt zu einer verringerten Kohlendioxidaufnahme durch Pflanzen. Das hat ein internationales Forscherteam um Shilong Piao herausgefunden. Zwar können Pflanzen, wenn es im Frühling wärmer ist, mehr Kohlendioxid speichern. Im Herbst jedoch ist das Gegenteil der Fall: Die Wärme setzt mehr Verwesungsprozesse in Gang und Kohlendioxid wird in die Atmosphäre freigesetzt.

Von Frühling bis Herbst nehmen Pflanzen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf und wandeln es durch Photosynthese in Sauerstoff um. In der kalten Jahreshälfte wird durch sich zersetzende Pflanzen hingegen Kohlendioxid freigesetzt. Bisher gingen die Forscher davon aus, dass höhere Temperaturen zu besserem Wachstum der Pflanzen und dadurch zu erhöhter Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre führen. Dass jedoch auch das Gegenteil der Fall sein kann, konnten die Wissenschaftler um Piao nun zeigen.

Die Forscher sammelten Daten für zehn Orte auf der nördlichen Erdhalbkugel. Dabei bestimmten sie die Temperatur, die dort zwischen 1980 und 2002 im Herbst vorherrschte und ermittelten den Tag, an dem die Kohlendioxidabgabe zum ersten Mal größer war als die Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Je wärmer es dabei an einem der untersuchten Orte war, desto früher wurde dieser Tag im Jahr erreicht, erklären die Wissenschaftler. Die Wärme im Herbst beschleunigt die Zersetzung von Pflanzen und erhöht somit die Freisetzung von Kohlendioxid, vermuten die Forscher.

In den vergangenen zwanzig Jahren nahmen die Temperaturen im Herbst durchschnittlich um 1,1 Grad zu. Im Frühling wurde es im Durchschnitt um 0,8 Grad wärmer, erklären die Wissenschaftler. Sollten zukünftig die Temperaturen im Herbst schneller ansteigen als im Frühling, dann wird während der warmen Jahreshälfte immer weniger Kohlendioxid auf der Nordhalbkugel der Erde gespeichert werden können, folgert Piao. Um jedoch die Bedeutung der Ergebnisse von Piao für das gesamte Ökosystem der Erde einschätzen zu können, müssten auch Orte auf der Südhalbkugel, beispielsweise der tropische Regenwald, in ähnliche Studien mit einbezogen werden, schreibt John Miller von der Universität von Colorado in einem Kommentar zu der Studie.

Shilong Piao (Labor für Klima- und Umweltwissenschaften, Gif-sur-Yvette): Nature, Band 451, S. 49

wissenschaft.de – Anja Basters


Die Schneematsch-Erde

Meldung vom 07.12.2007 - Forscher glauben: Der Planet war vor mehr als 600 Millionen Jahren doch nicht völlig vereist

Vor 550 Millionen Jahren ging eine ungemütliche Zeit der Erdgeschichte zu Ende: Im sogenannten Neoproterozoikum jagte eine Eiszeit die nächste. Die Frostperioden waren von so gewaltigem Ausmaß, dass die ganze Erde zum Schneeball wurde – so lautet zumindest die vorherrschende Theorie. Forscher um Richard Peltier sagen jetzt aber: Die Erde war niemals völlig vereist. Zumindest die tropischen Ozeane blieben offen.

Die Spuren, die Geowissenschaftler aus dem Neoproterozoikum sammeln, sind äußerst rätselhaft. Eiszeit-Ablagerungen wechseln sich zum Beispiel mit dicken Kalk-Krusten ab, die auf ein extrem warmes Klima hindeuten. Außerdem schwankte das Verhältnis verschieden schwerer Kohlenstoff-Isotope in dieser Zeit so stark wie später nie wieder in der Erdgeschichte. Die Forscher deuteten dies bislang als extreme Turbulenzen in der Biosphäre. Sie vermuten, dass auf der Erde während der Schneeball-Eiszeiten gar keine Photosynthese mehr stattfand.

Peltier und seine Kollegen entwickelten nun erstmals eine Computersimulation, die sowohl das Klima als auch den Kohlenstoff-Kreislauf im Neoproterozoikum nachbildet. Wie sie schreiben, war die Erde eher ein Schneematsch-Ball als ein richtiger Schneeball. In ihrem Modell vereist der Planet nicht komplett, weil aus den Ozeanen mehr Kohlendioxid ausdampft als bislang angekomme - wahrscheinlich, weil sich bei den kalten Temperaturen mehr Sauerstoff im Meerwasser löste. Als das Gas in die Tiefsee gelangte, wandelte es dort reichlich vorhandenen organisch gebundenen Kohlenstoff in Kohlendioxid um. Das Gas wurde anschließend an die Luft abgegeben und wirkte dort als Treibhausgas. So wurde die völlige Vereisung verhindert, schreiben Peltier und Kollegen in der Zeitschrift "Nature".

Dem Geologen Alan Kaufman von der University of Maryland zufolge hat das Modell allerdings Schwächen: Es könne nicht erklären, wieso sich in den Ablagerungen aus dem Neoproterozoikum Schichten aus Eisenmineralien und Kalkkrusten abwechseln, schreibt er in einem ebenfalls in "Nature" veröffentlichten Kommentar. Die Eisenschichten deuten seiner Meinung nach eher darauf hin, dass die Meere in weiten Bereichen überhaupt keinen Sauerstoff enthielten. Zudem nehmen Peltier und seine Kollegen an, dass die Atmosphäre während des Neoproterozoikums bereits 21 Prozent Sauerstoff enthielt, genauso viel wie heute. Nach allgemeiner Ansicht war der Sauerstoffgehalt damals allerdings wesentlich geringer.

Das Neoproterozoikum interessiert Geologen unter anderen deswegen, weil nach dem Ende der Extrem-Eiszeiten plötzlich erstmals mehrzellige Tiere auf der Erde auftauchten. Viele spekulieren, dass die Umweltextreme der Schneeballzeit der Auslöser dieser "kambrischen Radiation" waren.

Richard Peltier (University of Toronto, Ontario, Canada).: Nature, Bd. 450, S. 807

wissenschaft.de - Ute Kehse


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by Dr. Radut