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Hirnforschung

Warum nicht jeder aus Schaden klug wird

Meldung vom 07.12.2007 - Forscher: Menschen mit bestimmter Genvariante lernen schlechter aus Fehlern

Die Anfälligkeit für Suchterkrankungen könnte zumindest bei bestimmten Menschen auf die Unfähigkeit zurückgehen, aus Fehlern zu lernen. Das legen die Ergebnisse einer Studie deutscher Forscher nahe, die die Konsequenzen einer beeinträchtigten Verarbeitung des Botenstoffs Dopamin im Gehirn bei insgesamt 26 Freiwilligen untersucht haben. Demnach fällt es Trägern einer bestimmten Genvariante, die das Gehirn unempfindlicher für Dopamin macht, überdurchschnittlich schwer, aus negativen Folgen ihres Handelns zu lernen und ihr Verhalten entsprechend zu verändern. Die gleiche Genvariante war bereits in früheren Studien mit einer Neigung zu Suchtstörungen in Verbindung gebracht worden.

12 der 26 Teilnehmer der Studie trugen eine Genvariante namens DRD2-TAQ-A1, kurz A1, in ihrem Erbgut. Sie führt dazu, dass im Gehirn die Dichte der Andockstellen für den Botenstoff Dopamin um bis zu 30 Prozent verringert ist. Diese genetische Ausstattung geht laut früherer Studien mit einer erhöhten Anfälligkeit für Alkohol-, Nikotin- und Opiatabhängigkeit sowie einer höheren Wahrscheinlichkeit für starkes Übergewicht einher. Wissenschaftler vermuten daher, dass sie die Träger irgendwie unempfindlich gegenüber den negativen Konsequenzen selbstzerstörerischer Verhaltensweisen macht – möglicherweise, weil sie ein generelles Defizit beim Lernen aus Fehlern verursacht.

Um diese These zu testen, sollten die Probanden in der neuen Studie lernen, abstrakte Symbole mit positiven oder negativen Folgen zu verbinden. Einige der Zeichen waren dabei mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit einer negativen Konsequenz kombiniert, andere mit einer sehr niedrigen. Zusätzlich wurde die Gehirnaktivität der Testteilnehmer während des Tests mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie überwacht. Dabei zeigte sich, dass die A1-Träger weniger schnell als die Vergleichsgruppe lernten, die Symbole mit den negativen Konsequenzen zu meiden. Das ging mit einer deutlich reduzierten Aktivität in einem Netzwerk von Gehirnarealen einher, das für die Überwachung der Resultate bestimmter Handlungen und die möglicherweise erforderliche Anpassung des Verhaltens zuständig ist.

Eine Veränderung im Dopaminsignalweg führt demnach auch zu einer Veränderung bei der Verarbeitung eines negativen Feedbacks, so die Forscher. Dopamin spielt damit eine Schlüsselrolle bei der Steuerung des Überwachungs-Mechanismus. Beeinträchtigt ist jedoch lediglich die Lernfähigkeit nach negativen Erfahrungen und nicht die Reaktion selbst, betonen die Wissenschaftler. Die Ergebnisse könnten in Zukunft helfen, bessere Behandlungsansätze für Sucht- und Zwangsstörungen zu entwickeln.

Tilmann Klein (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig) et al.: Science, Band 318, Seite 642

wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel


Wenn das Hirn in die Jahre kommt

Meldung vom 07.12.2007 - Wissenschaftler finden Erklärung für den altersbedingten kognitiven Leistungsabfall

Beim Altern nimmt die Leistung des Gehirns bei der Wahrnehmung ab, weil große Gehirnregionen nicht mehr richtig miteinander in Verbindung stehen. So erklären Wissenschaftler der Harvard-Universität die abnehmende mentale Leistungsfähigkeit älterer Menschen. Diese gestörte Kommunikation zwischen den einzelnen Hirnregionen tritt auch beim natürlichen Altern und nicht nur bei Krankheiten wie Alzheimer auf, zeigten die Wissenschaftler beim Vergleich von Hirnscans von jungen und älteren Probanden.

Um ein Bild von den Vorgängen im Hirn zu erhalten, untersuchten die Forscher mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie 93 Gehirne aus zwei Altersgruppen. In einer ersten Gruppe mit Probanden im Alter von 18 bis 34 Jahren waren die Gehirnregionen deutlich miteinander korreliert, während in der zweiten Gruppe von 60- bis 93-Jährigen die Aktivität zwar erkennbar, jedoch geringer war.

Das Nervengewebe, das die einzelnen Hirnbereiche miteinander verbindet, verliert im Alter seine Fähigkeit, Signale schnell weiterzuleiten, konnten die Forscher außerdem zeigen. Die dafür zuständige sogenannte weiße Substanz sei ein wichtiger Verbindungskorridor zwischen den Hirnbereichen, sagt Erstautorin Jessica Andrews-Hanna.

Die funktionellen Unterschiede im Gehirn junger und alter Menschen spiegelten sich auch in der Wahrnehmung von Sinneseindrücken wider. Die älteren Probanden stellten sich einer Reihe von Tests zur Verarbeitung von Sinneseindrücken, in denen sie unter anderem ihre Erinnerung und die Geschwindigkeit der Verarbeitung unter Beweis stellen mussten. Die Befunde aus den Tests zeigen, dass Hirnaktivität und die Leistung bei der Wahrnehmung eng zusammenhängen: Je schlechter die Probanden in den Tests abschnitten, desto stärker waren die Gehirnverbindungen beeinträchtigt. Neben der Beschädigung der weißen Substanz nehmen auch andere Bestandteile des Gehirns wie Neurotransmitter oder die graue Substanz beim Altern ab und tragen zum Leistungsabfall des Gehirns bei, erklären die Wissenschafter.

Jessica Andrews-Hanna (Harvard University): Neuron, Bd. 56, S. 924

wissenschaft.de – Christina Taraschewski
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by Dr. Radut