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Hirnforschung

Gefühl für feine Schwingungen

Meldung vom 12.01.2008 - Nervenzellen im menschlichen Gehirn unterscheiden Töne sehr präzise

Die für das Hören zuständigen Nervenzellen im Gehirn reagieren selbst auf kleinste Frequenzunterschiede von Tönen. Die Nervenzellen des Menschen, die für die Weiterleitung dieser Signale zuständig sind, arbeiten sogar sehr viel präziser als die der meisten anderen Säuger – mit Ausnahme von Fledermäusen. Das berichten Neurologen um Yael Bitterman von der Hebräischen Universität in Jerusalem.

Zur Untersuchung der Nervenzellen spielten Bitterman und seine Kollegen vier Freiwilligen mit bereits implantierten Hirnelektroden unterschiedliche Akkorde sowie gemischte Sequenzen aus Filmmusik vor. Während die Teilnehmer die Musik anhörten, zeichneten die Wissenschaftler deren Aktivität im Hörzentrum des Gehirns auf. Anschließend konstruierten sie ein Raster, in dem die Reaktionen der Nervenzellen auf die Reize aufgezeigt werden konnten.

Das Resultat: Eine einzelne Nervenzelle aus dem als auditiven Kortex bezeichneten Hörzentrum kann schon Töne unterscheiden, die nur eine Zehntel Oktave auseinander liegen. Diese Leistung ist besser als die von Katzen, die unter einer Oktave keine Klänge unterscheiden können. Auch einzelne Nervenzellen von Ratten erreichen lediglich eine Hörgenauigkeit von einer Drittel Oktave und die Zellen von Makaken können nur eine halbe bis zu einer Oktave differenzieren.

Warum beim Menschen eine so präzise Frequenzunterscheidung ausgebildet ist, darüber können die Wissenschaftler nur spekulieren. Für das Sprachverständnis habe diese Besonderheit vermutlich keinen Vorteil, sagt Fried, einer der beteiligten Forscher. Vielmehr könnte ein selektives Gehör mit anderen kognitiven Fähigkeiten zusammenhängen wie etwa der Lernfähigkeit oder mit der Funktionsweise des Arbeitsgedächtnisses.

Yael Bitterman (Hebräische Universität Jerusalem): Nature, Band 451, S. 197

wissenschaft.de – Christina Taraschewski


Hypnotisierende Erkenntnisse

Meldung vom 10.01.2008 - Wissenschaftler entdecken bei in Trance versetzten Probanden Gehirnzentren für das Erinnern nach einem Gedächtnisverlust

Israelische Forscher haben mit Hilfe von Hypnose die Gehirnregionen identifiziert, die am Wiedererlangen der Erinnerung nach einem kurzzeitigen Verlust des Gedächtnisses beteiligt sind. Die Wissenschaftler versetzten die Teilnehmer ihrer Studie in einen intensiven Trancezustand, während dessen die Forscher die Probanden die Erinnerungen an einen vorher gezeigten Kurzfilm kurzzeitig vergessen ließen. Gleichzeitig bestimmten die Wissenschaftler bei den Probanden die Aktivität der einzelnen Hirnregionen. Die Forscher erhoffen sich von den Experimenten neue Einblicke in die Mechanismen bei Patienten, die unter Gedächtnisverlust leiden.

An der Studie nahmen zwei Gruppen von Probanden teil: Ein Teil ließ sich erfolgreich hypnotisieren, während sich die andere Hälfte nicht in einen solchen Trancezustand versetzen ließ. Beide Gruppen schauten sich eine Woche vor dem Experiment einen Kurzfilm an. Bei der Hypnose wurden die Probanden angewiesen, den Inhalt des Films so lange zu vergessen, bis ihnen ein bestimmtes Signal gegeben wird. Dieses Signal übermittelten die Wissenschaftler den Probanden nach Ende des Trancezustandes, worauf sich die Erinnerung wieder einstellte. Dabei konnten die Forscher die bei diesem Wiedererinnern aktiven Hirnareale identifizieren. Bei den Probanden, die sich nicht hypnotisieren ließen und ihre Erinnerung an den Film nie verloren hatten, waren diese Hirnregionen hingegen nicht aktiv.

Diese Hirnareale könnten auch im Alltag bei der Erinnerung an vergessene Informationen eine Rolle spielen, vermuten die Wissenschaftler. Sie hoffen, dass sich ihre unter Hypnose entstandenen Ergebnisse auch bei konkretem Fällen von Gedächtnisverlust anwenden lassen.

Yadin Dudai (Weizmann-Institut in Rehovot) et al.: Neuron, Band 57, S. 159

wissenschaft.de – Christina Taraschewski


Wie Erdbeben einen Nutzen bekommen

Meldung vom 10.01.2008 - Vorhersageverfahren für Erdstöße helfen bei der Prognose epileptischer Anfälle

Epileptische Anfälle könnten in Zukunft mit Hilfe seismologischer Methoden vorausgesagt werden. Da die Muster epileptischer Anfälle dem typischen Verlauf von Erdbeben ähneln, könnte die Erdbebenvorhersage wichtige Erkenntnisse bei der Voraussage solcher Anfälle liefern. Das schließen Neurologen um Ivan Osorio von der Universität in Kansas City aus einem Datenvergleich der Gehirnaktivität während 16.000 epileptischen Anfällen mit dem Verlauf von 300.000 Erdbeben.

Als Gemeinsamkeit zwischen beiden Phänomenen fanden die Wissenschaftler sieben verschiedene sogenannte statistische Potenzgesetze. Solche Gleichungen verknüpfen beispielsweise die Beziehung zwischen der Stärke eines Bebens und der Häufigkeit des Auftretens solcher Erschütterungen oder den Pausen zwischen den Ereignissen. Derartige Gesetzmäßigkeiten sind auch aus anderen Bereichen bekannt. Beispielsweise können sie Zeitspannen beschreiben, die zum Beantworten von E-Mails benötigt werden. Der Verlauf epileptischer Anfälle lässt sich mit solchen Potenzgesetzen ebenfalls darstellen, wiesen die Forscher nach.

Auch die Pausen zwischen den Anfällen beziehungsweise den einzelnen Beben zeigten ein ähnliches Muster, fanden die Wissenschaftler heraus: Je länger das vorangegangene Ereignis zurücklag, desto später erfolgte auch das nächste Beben oder die nächste Attacke. Auf kürzere Pausen folgten gewöhnlich mehrere kleinere Erschütterungen. Die Wissenschaftler hoffen, mit den verbesserten Methoden Anfallspatienten die Vorhersage von Anfällen zu erleichtern. Dies könnte zu einer verbesserten Lebensqualität beitragen.

New Scientist, 12. Januar, S. 9

wissenschaft.de – Christina Taraschewski


Unbemerkter Katzenjammer

Meldung vom 27.12.2007 - Menschen verarbeiten emotionale Tierlaute zwar genauso wie menschliche, können sie aber nicht interpretieren

Menschen benutzen zur Verarbeitung von emotionalen Tierlauten genau die gleiche Gehirnregion, die sie zum Verständnis freudiger oder ängstlicher Laute ihrer Mitmenschen verwenden. Während jedoch fröhliche oder traurige Laute anderer Menschen mühelos als solche erkannt werden, bleibt die Bedeutung der Tierlaute den Menschen verborgen. Das hat ein internationales Forscherteam um Pascal Belin von der Universität von Glasgow herausgefunden. Demnach nehmen Menschen emotionale Laute von Tieren und Menschen auf die gleiche Weise wahr – ohne sich dessen jedoch bewusst zu sein.

Die Forscher spielten zwölf Freiwilligen Laute von Rhesusaffen, Katzen und Menschen vor und zeichneten dabei die Hirnaktivität der Versuchsteilnehmer mit der funktionellen Magnetresonanztomographie auf. Anschließend mussten die Probanden bewerten, ob die Laute eher negative oder positive Gefühle ausdrückten.

Dabei lagen die Versuchsteilnehmer bei den menschlichen Lauten meist richtig: Sie konnten fröhliches Lachen gut von ängstlichen Ausrufen unterscheiden. Wenn es hingegen darum ging, angstvolle Affenschreie von den Tönen zu unterscheiden, die die Tiere beim Anblick leckeren Essens von sich gaben, scheiterten die Versuchsteilnehmer regelmäßig. Auch wenn sie Katzengeräusche interpretieren sollten, schnitten die Probanden schlecht ab – obwohl das Miauen von Katzen dem Menschen vertrauter ist als etwa Affenschreie, erklären die Wissenschaftler.

Im Gehirn zeigte sich allerdings ein anderes Bild: Bei menschlichen und bei tierischen Geräuschen, die negative Gefühle widerspiegelten, war der sogenannte orbitofrontale Cortex auf der rechten Seite des Gehirns stets besonders aktiv. Diese direkt über dem Auge liegende Hirnregion ist für die Bewertung von Emotionen zuständig und hilft, auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen, erklären die Wissenschaftler. Ihre Ergebnisse zeigen, dass Emotionen von Menschen und Tieren auf einer unbewussten Ebene die gleichen Regionen im menschlichen Gehirn ansprechen, so die Forscher. In zukünftigen Studien müsse aber die Bedeutung des orbitofrontalen Cortex für die Wahrnehmung von Emotionen noch genauer untersucht werden.

Pascal Belin (University of Glasgow) et al.: Proceedings of the Royal Society B, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1098/rspb.2007.1460

wissenschaft.de – Anja Basters


Wie Hirnschrittmacher funktionieren

Meldung vom 24.12.2007 - Elektrische Impulse dämpfen die Empfindlichkeit der Hirnzellen und verringern so das Zittern bei Parkinson

Amerikanische Forscher haben entdeckt, warum Hirnschrittmacher bei Parkinsonpatienten das Zittern verringern: Die elektrischen Impulse, die von den Elektroden direkt ans Gehirn abgegeben werden, regen die Bildung einer Substanz namens Adenosin an, die die umliegenden Hirnbereiche unempfindlicher gegenüber stimulierenden Signalen macht. Die künstliche Gabe von Adenosin könnte daher in Zukunft Hirnschrittmacher ersetzen oder zumindest deren Wirkung verstärken, erklären die Forscher um Lane Bekar von der Universität von Rochester. Bisher konnte der Effekt allerdings nur bei Mäusen nachgewiesen werden, berichten die Wissenschaftler.

Die sogenannte tiefe Hirnstimulation wird sowohl bei Parkinson als auch bei anderen Krankheiten mit unwillkürlichem Muskelzucken angewendet. Dabei werden Elektroden durch ein Loch im Schädel in tiefliegende Hirnregionen eingeführt, die über einen meist unter dem Schüsselbein implantierten Impulsgeber angesteuert werden. Obwohl die Methode bereits seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt wird, ist bis heute nicht ganz klar, wie sie eigentlich funktioniert.

Zumindest zum Teil konnten die Forscher um Bekar diese Frage nun mit Hilfe von Versuchen an Hirngewebe und Tests an Mäusen beantworten: Wenn die betreffenden Hirnregionen durch die elektrischen Impulse stimuliert werden, erhöht sich rund um die Elektrode der Gehalt an ATP, einem energiereichen Molekül, das dem Körper als eine Art universelle Energiewährung dient. Dieses ATP wird relativ schnell in mehrere Stücke zerlegt, von denen eines das Adenosin ist. Das dockt wiederum an bestimmte Schlossproteine der umliegenden Gehirnzellen an und dämpft deren Aktivität und Empfindlichkeit. Schon in früheren Studien hatte sich gezeigt, dass es zudem die Freisetzung anregender Gehirnbotenstoffe blockiert.

Da Adenosin im menschlichen Gehirn die gleiche Funktion und damit auch die gleiche Wirkung hat wie bei Mäusen, vermuten die Wissenschaftler, dass die tiefe Hirnstimulation ebenfalls auf die gleiche Weise wirkt. Die Entdeckung könnte ihrer Ansicht nach helfen, effizientere Therapien gegen Parkinson zu entwickeln. Bei den Mäusen hat sich der Ansatz bereits als vielversprechend erwiesen: Hier reichte die künstliche Infusion von Adenosin aus, um das Muskelzucken zu unterdrücken.

Lane Bekar (Universität von Rochester) et al.: Nature Medicine ,Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/nm1693

wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel


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